Wir schreiben das Jahr 1985. Im deutschen Fernsehen dominieren Schmonzetten à la „Schwarzwaldklinik“, „Ich heirate eine Familie“ oder „Die Wichser Wicherts von nebenan“, zuckrige Schlagsahne mit Kleister. Im Humorfach dominieren „Sketchup“ und „Harald und Eddy“ mit Grimassenschneiden und falschen Zähnen. Kurz: Es ist das Grauen.
In den USA hingegen erscheint in jenem Jahr eine neue Detektivserie, sie heißt „Moonlighting“ – und sie ist so ganz anders als alles bisher Dagewesene! Nur als Beispiel: Das Drehbuch einer einstündigen Serienfolge war zu jener Zeit üblicherweise etwa sechzig Seiten stark. Die von „Moonlighting“ waren doppelt so dick, denn die Serie lebte von ultraschnellen, witzigen Dialogen im Stile der Fünfziger Jahre, Screwball-Comedy at its best. Dazu pfiff die Serie auf Logik und Konventionen, sie durchbrach ständig die vierte Wand, sprach den Zuschauer direkt an und machte ihren eigenen Serienkosmos zum Thema: „Wir können nicht miteinander schlafen, sonst verlegt ABC uns ins Nachtprogramm.“ Sowas.
Getragen wurde das Ganze von einem Darstellerpaar zum Dahinschmelzen. Cybill Shepherd und Bruce Willis gaben ein Odd couple vom Feinsten; für Bruce Willis bedeutete „Moonlighting“ den Durchbruch, er war aus Hunderten von Schauspielern für die Rolle des David Addison gecastet worden und lebte diese Rolle. In einer Nebenrolle als Cybill Shepherds Mutter tritt übrigens Eva Marie Saint auf, die unterkühlte Blondine aus Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“. Das nennt man Luxus.
„Moonlighting“ war einfach mindblowing, ich hatte fast schon fast wieder vergessen, wie brillant die Serie ist und welch‘ grenzenlose Inspiration für einen Autor. Die beste Folge ist „Atomic Shakespeare“ – Shakespeares „Der Widerspenstigen Zähmung“ auf LSD: Darin wird die Serie einmal komplett ins Padua des 16. Jahrhunderts verlagert. Kann man nicht beschreiben, muss man gesehen haben. Auf einer US-Liste der besten Serienfolgen aller Zeiten rangiert „Atomic Shakespeare“ auf Platz 2. Komisch, „Die Wicherts von nebenan“ tauchen auf dieser Liste nicht auf.
Bruce Willis‘ Auftritt als Petruchio in Padua: „Wrong play!“
So war das mit „Das Model und der Schnüffler“. Ach ja, wen’s interessiert: Den Titelsong singt ein gewisser Al Jarreau. Joah, auch nicht schlecht.